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Dorfteil Eggersriet

Dass Eggersriet keine frühalemannische Siedlung sein kann, beweist schon der Umstand, dass es im Gegensatz zu Rorschacherberg nie als Mark bezeichnet wird. Ein erster zweifelhafter Hinweis ist die Urkunde vom 1. Mai 1266. In dieser Urkunde erlaubt Abt Berchtold von St. Gallen dem Kloster Magdenau st. gallische Klostergüter oder Lehen, die ihm durch Schenkungen oder Kauf zukommen, bis auf zehn Mansen anzunehmen und zu behalten. Unter den verschiedenen Gehöften, die zum grösseren Teil weit verstreut im Thurgau lagen, wird Egglinsriet genannt. Aus dem Inhalt der Urkunde können wir entnehmen, dass es sich durchweg um kleinere Siedlungen handelte. Da aber das älteste Urbar des Bistums Konstanz Egglinsriet unmittelbar vor Amirgerswilare, d. h. Hammershus in Untereggen aufführt und unter den in der genannten Urkunde aufgezählten Höfen ebenfalls Amirgerswilare auftaucht, könnte es sich bei der Erwähnung von 1266 um Untereggen handeln. Die Schreibweise des später Eggersriet genannten Ortes ist in den alten Urkunden sehr verschieden. Man liest u. a. Enkersriet und Enkhersriedt, Engersriet, Henkhersriet, Nenggersriet und Nöggersriet. Auch Oberegg wird es oft genannt, im Gegensatz zu Untereggen. Die Urkundenschreiber des Mittelalters haben die Ortsbezeichnungen durchwegs sehr willkürlich nach ihrem individuellen Gehör geschrieben und nicht nach traditioneller Übung. Eggersriet wird sicher die ursprüngliche Bezeichnung sein. Mit „Egg“ wurde nämlich im Mittelalter eine Örtlichkeit bezeichnet, wo ein Höhenzug eine Wendung oder seinen Abschluss nimmt. Weil der Boden des Ortes, wo er nicht mit Wald bestanden oder als Baufeld benutzt werden konnte, sumpfig war nach Art von kleinen Hochmooren, wurde er als Riet bezeichnet. Zur Bildung einer ländlichen Gemeinde im Gebiete von Untereggen und Eggersriet kam es noch lange nicht. Hier reihten sich Hofsiedlungen aneinander, die auf bischöflich-konstanzerischem Boden entstanden. Für die Rodungen gingen die Neubruchzehnten jahrhundertelang aus Krätzern, Stein unterm und obern Buchberg, Hiltenriet, Haus Grauen, Bettleren, Haus Senn, Eggersriet, Amisgerswiller nach Arbon für die bischöflichen Grundherrn.
Das nordöstlich St. Gallens zum Bodensee hin abfallende Gebiet gehört seit dem Ende des Mittelalters zur sogenannten Alten Landschaft, die häufig das Stammland des Klosters St. Gallen genannt wird. Für einen grossen Teil des ehemaligen Rorschacher Amtes ist diese Bezeichnung aber unzutreffend, denn bei näherer Betrachtung fällt sofort der ursprünglich nicht st.gallische Landstrich mit den Dörfern Obergoldach, Untereggen, Eggersriet, Mörschwil und Obersteinach auf, der bis in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts das Gallusstift von seinen alten Besitzungen am Bodensee trennte. Er wurde erst nach dem Verlust des eigentlichen äbtischen Kerngebietes, des Appenzellerlandes, durch die Staatskunst und die starke Hand des Abtes Ulrich Rösch der Abtei gewonnen. Die Rechtsverhältnisse des Spätmittelalters zeigen in diesem von sanktgallischem Besitz flankiertem Raum zwei deutlich getrennte Bereiche. In den Freigerichten Mörschwil und Untereggen herrschte das freie bäuerliche Eigen vor und Obersteinach bildete eine kleine freie Herrschaft in den Händen des dort verwurzelten Adelsgeschlechts, hier besassen die geistlichen Herren in Konstanz und St. Gallen ursprünglich nur geringen Einfluss. Dagegen war der von Horn über Obergoldach nach Eggersriet reichende Landstreifen im Hochmittelalter überwiegend konstanzerisch.
Zu Beginn der Appenzellerkriege wurde Eggersriet im Jahre 1403, weil dessen Bewohner den ihnen benachbarten Appenzellern zugetan waren, von den in Arbon liegenden konstanzerischen Söldnern auf einem Streifzuge überfallen und abgebrannt.
Das Leben der Bauern auf den Eggersrieter Höhen war kein leichter Kampf ums Dasein. Es kostete harte Arbeit, um den unwirtlichen Boden urbar zu machen. Erst als in den tiefer liegenden Gegenden der Siedlungsraum wegen der länderfressenden Dreifelderwirtschaft knapp geworden war, sind die Landbewohner in die Höhen gestiegen. Das in Eggersriet verbreitete Geschlecht Hochreutener ist ein beredter Zeuge eines kulturgeschichtlich bedeutungsvollen Vorganges in der Siedlungspolitik. Die in der Höhe Reutenden waren Vorkämpfer um neuen Lebensraum. Eine Hilfe für die Bauern, die ihr Brot in Schweiss und Arbeit sauer verdienen mussten, war die blühende Leinenindustrie in der nahen Stadt St. Gallen.
Seitdem der Bischof von Konstanz Eggersriet der Fürstabtei St. Gallen verkauft hatte, war das Dorf beträchtlich gewachsen, sowohl hinsichtlich der Gehöfte, wie auch der Geschlechter. In der Verkaufsurkunde werden nur vier Höfe, Eggersriet, Egg, Wiesen und Stein genannt. Anhand des ersten Taufbuches zählt Pfarrer Geisser folgende neue Höfe auf: Feldmoos, Hasen, Sack, untere Mühle, Kasten, Münsterrhan, Riemen, Halden, Waid, Mühlbach, Natzenweg, Wäldli, Würzwallen, Ebne, Steingruben, Bentli, Schwendi. Alle diese Höfe haben bei Gründung der Pfarrei Eggersriet schon bestanden, alle andern wie Spitze, Höhe, Haldeli, Hausli, Kellerswiesen, Neuwiesen, Tanaker, Krummenaker, Walde, Eggmoos, Borüthi, Kaien sind erst später entstanden. Wir finden die Geschlechter: Egger, Graf, Alther, Riedener, Hochrütiner, Tobler, Krömler aus als Frauengeschlechter die Namen Höhiner, Bischof, Hörler, Däschler, Urscheler, Bürki, Schedler, Hüttenmoser, Schmid, Lehner, Näf usw. Es scheint so, dass die Junggesellen der damaligen Zeit lieber eine Lebensgefährtin in der Fremde holten, als ins Blut heirateten.

(Quellennachweis: Eggersriet von Emil Spiess)

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